bannmeile

Die Arbeit entstand im Rahmen einer Klassenausstellung, die sich ursprünglich den Arbeitstitel "Nähe und Distanz" gewählt hatte als unmittelbare Reaktion auf eine in dieser Hinsicht problematische Situation. Pförtnerlogen sind ja an sich schon ein spezieller Ort, dies galt besonders für den alten Standort der Fachhochschule in Hannover-Herrenhausen.
Baulich ein "Kasten im Kasten" und abwechselnd besetzt aus einer Crew von vier hierarchisch organisierten "Hausverwaltern" war hier das für derartige Einlasspositionen typische "Machtgefälle" besonders spürbar. Wer hat dort während des Studiums nicht häufiger in der "Bittstellerrolle" vor der Glasscheibe gestanden, angewiesen auf Hilfe bezüglich eines dringend benötigten Schlüssels, Werkzeugs oder einer Auskunft - räumlich nah am Ziel, aber auf der anderen Seite Abwehr und Unlust hervorrufend. Männerkumpeligkeit oder Weibchenallüren mochten da hilfreich sein, aber die haben nicht alle im Repertoire. Meine Intervention sah vor, dass für die Dauer der Ausstellung der Zugang zum gewährenden oder versagenden Schiebefenster nur über einen roten Teppich möglich sein sollte. Der Bereich drumherum wurde deshalb abgesperrt. Eigentlich führt(e) ein solcher Bodenbelag zum Herrscherthron und spielt bei politischen Staatsbesuchen eine Rolle, stellt jedenfalls eine Ehrenbezeugung dar. Im Kontext eines Uni-Hausmeisterplatzes irritiert er, bedeutet eine Überhöhung. Daß es sich in diesem Fall um einen "Theaterläufer" handelte, ironisierte die Situation zusätzlich. Metallständer mit Kordeln dienten früher auch in Kunstmuseen dem Schutz kostbarer Bilder und Objekte, riefen durch die Unnahbarkeit bei den Besuchern zusätzlich Ehrfurcht hervor.
Ich wollte beobachten, ob und wie sich das Verhalten vor und hinter der Trennscheibe änderte. Allerdings wurde die Arbeit nach einigen "Zwischenfällen" bereits während der Aufbauphase am Morgen nach der Eröffnung wieder entfernt. Eine sachliche Debatte war mit dem dafür zuständigen "Oberzerberus" leider nicht möglich. Bei der Fläche vor der Pförtnerloge handelt es sich angeblich um einen "Verwaltungsbereich", der für Ausstellungen tabu ist. Nachforschungen nach einer entsprechenden schriftlichen Verordnung im Sekretariat blieben erfolglos, niemand wusste etwas davon. Allerdings wagten gegen die hausmeisterliche Entscheidung weder meine Dozentin noch der Dekan vorzugehen. Dies war eigentlich das interessanteste Ergebnis meines Experiments; wohl bemerkt - es handelt sich nicht um ein Verwaltungsgebäude, sondern um eine Einrichtung, die sich mit Kreativität beschäftigt!
Ich habe schließlich die Hausmeisterbutze als Grundriß mit Kreide spiegelbildlich auf die andere Hallenseite übertragen und Teppich und Absperrungen wieder davor aufgebaut. Der Bereich der vermeintlichen "Bannmeile" vor der "echten" Pförtnerloge wurde hingegen mit Baustellenabsperrband markiert und die Aktion mit Fotos und kurzem Text vor Ort dokumentiert.